Stellungnahmen des naturschutzrechtlichen Spitzenjuristen Herrn Peter Fischer-Hüftle, Rechtsanwalt und langjähriger Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Regensburg, Herausgeber des Kommentars zum Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) und Mitautor zum Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
1. Zum Entwurf des Vertrags (schuldrechtlich) mit den Bayerischen Staatsforsten
zur Begrenzung der Zahl der Windkraftanlagen im Ebersberger Forst:
zu III. 2. des Vertragsentwurfs: Kündigung durch die BaySF aus wichtigen Grund
Schon allein eine Koalitionsvereinbarung oder ein Kabinettsbeschluss, der den BaySF den verstärkten Ausbau von WKAs im Staatswald empfiehlt (nicht einmal „vorschreibt“), würde ausreichen, dass die BaySF den Vertrag „aus wichtigem Grund“ kündigen können, ein Gesetz wäre dazu nicht nötig.
Der Vereinbarung ist überdies zu entnehmen, dass es bereits einen Vertrag zwischen dem Projektentwickler und den BaySF gibt, der keine Begrenzung auf 5 Anlagen enthält und dazu erst geändert werden müsste.
2. Urteil des Rechtsexperten Zur inhaltlichen Aussagekraft des Ratsbegehrens:
Die Stimmberechtigten können bei der Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird.
Die Fragestellung des Ratsbegehrens lässt nicht erkennen, worum es eigentlich geht.
Der Kreistag verfolgt die Absicht, die in seiner Zuständigkeit liegende Landschaftsschutzverordnung zu ändern und den Landschaftsschutz auf einen Teil des Schutzgebiets abzuschwächen, um dort die Errichtung von Windkraftanlagen zu ermöglichen.
Da der Landschaftsschutz übertragene Staatsaufgabe ist, steht diese Frage nicht zur Disposition eines Bürgerentscheids. In der Fragestellung wird dies verschwiegen, sie geht nicht dahin, ob die Bürger mit einer Abschwächung des Landschaftsschutzes in einen Teilbereich einverstanden sind oder nicht, weil das rechtlich unzulässig ist.
Stattdessen wird danach gefragt, ob der Landkreis die ihm zur Verfügung stehenden „grundstückrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“ soll, um darauf hinzuwirken, dass im Ebersberger Forst maximal 5 Windräder errichtet werden. In Verbindung mit der Aussage, dem Landkreis gehe es um die „Förderung der Landschaftspflege“, suggeriert dies, dass die Errichtung von Windrädern im Ebersberger Forst nicht gänzlich verhindert werden kann und der Landkreis im Interesse der Landschaftspflege allenfalls auf eine Begrenzung der Anzahl der Windräder hinwirken kann. Der Abstimmungsberechtigte wird dadurch in die Irre geführt und dazu verleitet, mit "Ja" zu stimmen, wenn er erreichen will, dass wenigstens die Zahl der Windräder begrenzt wird, wenn sie schon nicht gänzlich zu verhindern sind.
In Wirklichkeit stimmt er auf diese Weise dafür, dass der Kreistag durch Änderung der Schutzverordnung erst das Landschaftsschutzgebiet für Windkraftanlagen öffnet, die andernfalls dort nicht errichtet werden könnten.
Unklar ist ferner, was mit „grundstücksrechtlichen Möglichkeiten“ gemeint ist.
Die Formulierung kann beim Abstimmenden den Eindruck erwecken, der Landkreis könne mithilfe eigener Grundstücke die Ausdehnung der für Windräder vorgesehenen Fläche eingrenzen.
Die Windräder werden aber nicht auf Grundstücken des Landkreises errichtet, sondern auf Grundstücken der Staatsforsten. Dem Landkreis alleine stehen jedoch keine grundstücksrechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung, die er „ausschöpfen“ könnte, um die Zahl der Windräder zu begrenzen. Er ist vielmehr auf das Entgegenkommen der Staatsforsten angewiesen. Diese haben nach den vorliegenden Unterlagen bereits signalisiert, dass sie nicht zu einer dinglichen Sicherung in der Weise bereit sind, dass eine bestimmte Höchstzahl von Windrädern festgelegt wird.
Die Fragestellung suggeriert dagegen, dass dem Landkreis grundstücks-rechtliche Druckmittel zur Verfügung stünden. Dies ist aber nicht der Fall.